Ihr Bürgermeister im Gespräch zum Thema “Stadtwald”

Herr Bürgermeister, auf der letzten Sitzung der Stadtvertretung im Dezember wurde ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept mit großer Mehrheit beschlossen. Ein heißes Eisen war dabei der künftige Umgang mit dem Stadtwald. Bitte erklären Sie unseren Lesern, was es damit auf sich hat.

Zur Konsolidierung des defizitären städtischen Haushaltes und für die Planung wichtiger Investitionen wird seit über 10 Jahren von der Kommunalaufsicht ein solches Haushaltssicherungskonzept gefordert. In 2015 war dies erneut eine Bedingung, um den Haushalt genehmigt zu bekommen. In meinem Bericht auf der Sitzung der Stadtvertretung habe ich ausgeführt, dass wir uns unterschiedlichste Positionen für Einsparungsmöglichkeiten und Einnahmepotentiale angeschaut und auch bereits umgesetzt haben. Dies führte dazu, dass wir für das Jahr 2015 einen ausgeglichenen Finanzhaushalt beschließen konnten, nachdem Anfang des Jahres noch mit einem Defizit von über 250.000 Euro kalkuliert wurde. Das ist ein großer Erfolg. Ich habe bei meiner Wahl vor eineinhalb Jahren gesagt, dass alles auf den Prüfstand gehöre. Dabei spielt auch die Ertragssituation des Stadtwaldes eine wichtige Rolle, mit der wir uns intensiv auseinandergesetzt haben.

Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Leider ist festzustellen, dass seit der Gründung der Forstbetriebsgemeinschaft im Jahre 1994, die u.a. auch den Stadtwald bewirtschaftet, kein nennenswerter Ertrag erwirtschaftet wurde. Dieser beläuft sich in den letzten 20 Jahren, von 1994 bis 2013, auf im Durchschnitt jährlich etwas über 1.100,- Euro. Die Forstbetriebsgemeinschaft arbeitet damit zwar kostendeckend, aber der Ertrag ist im Vergleich mit anderen Kommunen eindeutig zu wenig!

Wo sehen Sie das Einnahmepotential hinsichtlich des städtischen Haushaltes und des Sicherungskonzeptes?

Im Haushaltssicherungskonzept steht zum Thema Wald folgendes Zitat: „2016 sollte sich schwerpunktmäßig mit der Forstbetriebsgemeinschaft sowie mit dem Verkauf und Ertrag von Wald beschäftigt werden. Ziel ist es, dass dadurch das Defizit im Haushalt der Stadt in den kommenden Jahren reduziert wird“. Das heißt, die klare Aufgabenstellung lautet, zu prüfen, welche Optionen für den Stadtwald bestehen, damit dieser dauerhaft Ertrag einbringt, den wir dringend für notwendige Investitionen und den Abbau von Schulden benötigen.

Wie sieht hierbei die Rolle der Forstbetriebsgemeinschaft aus?

Was über 20 Jahre gut war, muss jetzt nicht automatisch schlecht sein – aber mir stellt sich die Frage, ob das bisherige „Konstrukt“ Forstbetriebsgemeinschaft für unseren Stadtwald die zukunftsfähigste Bewirtschaftungsform darstellt. Seit einem Jahr beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema Stadtwald. In zahlreichen Gesprächen mit Fachleuten und Bürgermeisterkollegen habe ich mich zu alternativen Bewirtschaftungsformen von kommunalen Wäldern informiert.

Welche Alternativen gibt es?

Bei einer solch großen Fläche von gut 400 Hektar Wald gibt es mehrere zu prüfende Alternativen: Erstens, der Stadtwald könnte ganz oder teilweise verpachtet werden und hier über einen jährlichen Pachtzins Einnahmen generieren. Zweitens, der Wald könnte über einen sogenannten Beförsterungsvertrag ganz oder teilweise bewirtschaftet werden und durch den Verkauf des Rohstoffes Holz Gewinn abwerfen. Drittens wäre auch eine Mischung aus beiden Varianten denkbar. Klar ist aber nach allen bisher geführten Gesprächen mit Fachleuten, dass mit einem 400 Hektar großen Wald und einem Wert von aktuell über 4 Millionen Euro ein durchschnittlicher jährlicher Ertrag von mindestens 20 bis 25 Tausend Euro zu erzielen ist. Hierbei sind die jährlichen Kosten und Abgaben bereits berücksichtigt.

Im Haushaltssicherungskonzept steht aber auch, sich über den Verkauf von Waldflächen Gedanken zu machen. Wie stehen Sie zu dieser Alternative?

In meiner Zeit als Bürgermeister haben wir die Fläche des Gnoiener Stadtwaldes durch Zukäufe vergrößert. Ein Stadtwald ist eine Investition in die Zukunft, eine Investition für unsere Bürger und für künftige Generationen. Er hat nicht nur einen ökologischen Wert, sondern auch einen ideellen. Aber Wald ist ebenso ein Wirtschaftsgut. Es muss uns gelingen, den Stadtwald dauerhaft zu erhalten, aber zweifellos auch Erträge zu erwirtschaften. Nur so ist seine Zukunftsfähigkeit zu gewährleisten. In anderen Kommunen ist dies eine Selbstverständlichkeit und normale Praxis.

Also steht ein Verkauf von Teilen oder gar des gesamten Waldes für Sie nicht zur Debatte?

Wenn der Wald nachhaltig und wirtschaftlich geführt wird und Erträge für die Stadt generiert, sehe ich keine Veranlassung, irgendetwas zu verkaufen.

In den von Ihnen aufgezeigten Alternativen spielt die Forstbetriebsgemeinschaft offenbar keine Rolle mehr. Gibt es für sie noch eine Zukunft unter den von Ihnen genannten Gesichtspunkten?

Die Forstbetriebsgemeinschaft wurde seinerzeit als Solidargemeinschaft gegründet, um speziell auch Splitterflächen kleinerer Waldbesitzer kostengünstig und ohne Nachteile bewirtschaften zu können. Ich bin zwar Mitglied im Vorstand der Forstbetriebsgemeinschaft, aber als Bürgermeister der Stadt Gnoien nicht für einzelne Waldbesitzer zuständig, sondern allen Bürgern und unserer Stadt verpflichtet. Die Stadt Gnoien wäre mit ihrer Fläche problemlos in der Lage, eine andere Bewirtschaftungsform zu finden, wir haben aber ein großes Interesse daran, die Forstbetriebsgemeinschaft im Sinne der Solidargemeinschaft zu erhalten, gerade auch für die kleineren Waldbesitzer. Allerdings sehe ich in der Kostenstruktur erheblichen Korrekturbedarf! Ich erwarte ein Zukunftskonzept für den Stadtwald, bei dem alle Fragen von Bewirtschaftungsform über Nachhaltigkeit bis zu Ertrag und Kosten betrachtet werden. Ich möchte die bestmögliche Lösung finden, dazu gehört auch, dass das jetzige Bewirtschaftungsmodell, sofern wir daran festhalten wollen, wieder transparent arbeitet. Wald ist ein Allgemeingut, das für unsere Bürger da ist. Um hier zukunftsfähig aufgestellt sein zu können, müssen wir die Fragen nüchtern, sachlich und vor allem ohne Parteifarben und ideologische Scheuklappen betrachten. Das Motto lautet: Erst informieren, dann reden, dann verhandeln und dann erst entscheiden.

Herr Bürgermeister, wir bedanken uns für das Gespräch.